Echt Mann, heute ist wieder einer dieser Tage. Kaum sind wir auf unsere Morgenrunde aufgebrochen stolpert Paule über einen dicken Pferdehaufen und lässt es sich schmecken. Einmal tief eintauchen, happ und schmackofatz-rülps. Ich könnt ausflippen.
Was erzähle ich, ich flippe aus. Völlig unqualifiziert, aber einfach stinksauer pampe ich den ekligen Hund an. Wünsche ihn mit einem hysterischen „ab, ab – du alte Sau“ zum Teufel und kann nur dabei zusehen, wie er zwar abhaut, sich es aber dennoch lecker schmecken lässt. Mein Puls ist bei 280, was sage ich 580. Mein Verstand sagt mir: Du Vollpfosten, mal wieder alles falsch gemacht, was du falsch machen konntest. Welchen Hund, geschweige denn, welcher Gos, zeigt irgendeine sinnvolle Reaktion auf ein herumfuchtelndes und herumkreischendes Frauchen?“ Die Antwort kenne ich: KEINER. Und noch viel schlimmer: Meinem Bauchgefühl tut das alles schon wieder schrecklich leid. Ich bin ein hoffnungsloser Fall.
Du weißt doch wie es geht
Dabei hat der Tag doch eigentlich so schön begonnen. Die Sonne scheint, es ist zwar noch bitterkalt, aber wunderschön draußen.
Nach zwei Wochen Grippe fühle ich mich heute morgen fast schon wieder zu 100 Prozent fit – und dann das Theater. O.k. ich gebe zu, die Hunde, ja, auch mein liebes Hertalein, tanzen mir nach meinem Grippe-Ausfall ganz schön auf der Nase rum. Irgendwie haben sie gemerkt, mit der Alten kann man eh nix anfangen, also übernimmt Paule die Regie und die Herta folgt im fröhlich. Auf einmal findet auch sie jegliche Art von Pferdekacke, Kuhmist oder ähnlichem stinkigen Zeug ungeheuer anziehend. Dabei sehe ich bei jedem Happen, den sie davon probiert, wie eklig sie das eigentlich findet. Doch wenn Paule das macht, muss es ja gut sein. Das sie nach jeder Scheiße-Verkostung allerdings völlig angewidert versucht das stinkige Zeug wieder aus dem Maul zu schütteln, lassen wir jetzt mal unbeachtet.
Dabei wissen beide, nein wir alle drei, wie es besser geht. Paule weiß ganz genau, dass er mir den Mist gerne zeigen darf, dann aber zu mir kommen muss und sich ein anständiges Leckerlie abholen darf. Wahrscheinlich war die Nähe zu mir wegen Rotznase und ständigem Hustenreiz in letzter Zeit nicht ganz so verlockend. Da zog er doch die Alternative Pferdekacke allem anderen vor. Auch Herta kennt das Spiel, man nennt es auch Anti-Giftköder-Training. Dabei soll der Hund alles Verlockende, das irgendwo auf dem Boden liegt, anzeigen und für die Anzeige gibt es dann ein Leckerli. Wobei Herta das Training eigentlich nie brauchte, denn sie nimmt nix vom Boden auf. Bis jetzt. Grrrrrrr.
Und letztlich sollte auch ich es besser wissen, sollte besser wissen, müsste wissen, wie ein souveräner Hundeführer handelt. Hysterische Kreischanfälle gehören gewiss nicht dazu.
Alles auf Anfang
Was also tut ein derangierter Hundeführer, um vor den Hunden sein Gesicht nicht voll und ganz zu verlieren. Einmal durchatmen und alles auf Anfang, könnte eine Lösung sein. Ich probier es aus, versuche am Morgen meinen Ärger abzuschütteln oder einfach rauszulaufen. Also laufen wir schweigend durch den Wald. Ich atme tiiiiiief ein und wieder auuuuuuuus. Laufe und laufe und laufe und siehe da, ich finde zu meiner mir vertrauten inneren Ruhe zurück. Herzlichen Dank liebe Natur, dass ist ganz allein dein Verdienst. Und herzlichen Dank liebe Hunde, dass ihr mir diese Zeit gegeben habt, wieder zu mir zu finden. Mit mir und der Welt wieder im Reinen, überlege ich, was kann ich mit den Hunden gemeinsam tun. Wie finde ich raus, ob wir immer noch das Dreamteam sind, von dem ich glaube, das wir es sind. Und schon zücke ich die Kamera. War da nicht mal was mit Follow me. Sprich: Folgen mir Hunde überall hin, ohne dass ich sie mit Worten dazu auffordere? Schaut selbst, das Ergebnis kann sich doch sehen lassen:
Spätestens nach diesem Filmchen, war ich mit der Hundewelt wieder versöhnt. Folgen mir meine Wuschels nicht toll?
Follow me – was soll das denn?
Wer sich jetzt fragt, was das soll? Dem sei kurz erklärt: Für den Freilauf ist es ungemein wichtig, dass sich dein Hund oder eben deine Hunde an dir orientieren, dass du und sie immer in Verbindung miteinander sind. Dabei solltest du dich aber nicht andauernd aktiv mit ihnen beschäftigen müssen. Also nicht andauernd zurückrufen oder ansprechen. Vielmehr sollte die Aktivität vom Hund ausgehen. Er sollte regelmäßig und vor allem unaufgefordert mit dir eine Rückkoppelung anstreben. Meine beiden machen das eigentlich den kompletten Spaziergang über. Alle paar Meter drehen sie sich um und nehmen Blickkontakt mit mir auf. Um das zu verstärken, hab ich zu Anfang diesen Blickkontakt immer belohnt. Das hatte natürlich zur Folge, dass sie immer zu mir zurückgelaufen kamen, um sich das Leckerli abzuholen. Also war es irgendwie doch ein Rückruf, aber nur so konnte ich das Ganze festigen. Heute ist es einfach nur noch eine Kontaktaufnahme der Hunde via Blick zu mir, was belohnt wird mit einem Lächeln von mir – und manchmal auch noch ein Leckerli :-).
Das unsichtbare Band
Und jetzt kommt das Follow me ins Spiel, denn sobald die Hunde bei Blickaufnahme bemerken, dass ich in eine andere Richtung laufe, laufen die beiden mir hinterher. Ich nenne es das unsichtbare Band zwischen Mensch und Hund und das ist eine Sache, auf die ich mich bei Herta und Paule zu hundert Prozent verlassen kann. Ganz wichtig wird es beispielsweise, wenn Wild auftaucht. Paule nimmt dann immer erst einmal Blickkontakt mit mir auf. Habe ich dem Geschehen den Rücken zugewandt, kommt Paule zu mir und geht nicht auf die Jagd. Rufen oder gar ein Abbruchkommando brauche ich bei ihm nicht mehr. Einzige Ausnahme Pferdekacke und Kuhmist – aber das hatten wir ja bereits :-). Herta ist bei der Rückkoppelung mit mir noch nicht ganz so zuverlässig. Sie steht zwar immer mit mir in Kontakt, sogar viel häufiger als Paule. Taucht allerdings ein Reh auf, reicht mein Umdrehen allein nicht aus. Hier brauch es nach wie vor das Abbruchkommando.
Alles wieder gut
Ein Glück, dass mir heute Morgen diese eine Übung eingefallen ist. Und ein Glück, dass alles wie immer geklappt hat. Pfffff, gutes Team bleibt gutes Team – und wenn die eine oder andere Stelle mal bröckelt, bitte nicht mir nachmachen. Ausflippen bringt nichts. Daran arbeiten hilft mehr. Fazit: Paule und ich intensivieren in nächster Zeit unser Anti-Giftköder-, bzw. unser Anti-Kuhmist-und-Anti-Pferdekacke-Training und alles ist wieder gut. Ich versuch’s vielleicht noch mit mentalem Training, Yoga oder Meditation, wenn’s hilft :-).
In diesem Sinne, immer schön cool bleiben – eure Quasselstrippe mit Herta und Paule